19. Oktober 2019
Wir sind in der Früh ganz alleine am Gelände. Roberto kommt erst unter Tags wieder zurück. Heute gibt es von Chefkoch Hannes Tostados mit Spiegeleier. Dann packen wir und holen das Motorrad aus der Halle. Es verblüfft uns immer wieder, wie sehr die Airbnb Gastgeber uns (und anderen Gästen) vertrauen. Wir haben die Schlüssel zur Arbeitshalle inkl. Büro bekommen. Wir versperren wieder alles ordentlich und verabschieden uns von unserer Casita. Es war sehr einsam, aber sehr, sehr nett hier.
Heute haben wir einen längeren Fahrtag geplant. Wir fahren bis Bahía de Los Ángeles, das in einer Bucht (no na) auf der Ostseite der Baja am Golf von Kalifornien liegt.
Gleich zu Beginn kommen wir durch El Rosario, dem ältesten Ort auf der Baja. Hier tanken wir zur Sicherheit nocheinmal voll, bevor wir weiter durch die Wüste fahren. Jetzt wird es menschenleer, es gibt auch für über 100km keine weiteren Ansiedlungen bis Cataliña.
Endlich kommen wir in das Kakteengebiet. Es gibt die großen Kakteen, die wir von den Fotos der Baja kennen. Einige sind wirklich riesig und haben einen Stamm, wie ein großer Baum.
Zwischen den Kakteen wachsen auch die Cirio Bäume. Sie haben nur den Hauptstamm und kleine dünne grüne blätterförmige Äste.
In Cataliña machen wir in einem netten Straßenlokal Pause und gönnen uns einen Imbiss. Große Abwechslung darf man sich hier bei den Mahlzeiten nicht erwarten. Es gibt, Tacos, Tortillas, Quesadillas und manchmal Burritos, mit Fleisch oder Fisch und die Frijoles Refritos (Bohnenpaste) sind immer mit von der Partie.
Wir unterhalten uns mit einem Straßenverkäufer, der angeblich aus Bahía de Los Ángelos kommt und er meint, dass es dort viele Touristen gibt. Da sind wir ja gespannt. Vor der Abfahrt verewigen wir uns noch mit unserem Sticker.
Der Verkehr wird immer spärlicher, es ist wirklich einsam hier. Sogar in Kanada auf den endlosen Highwaystrecken war mehr los. Die letzten 65km zweigt eine Stichstraße von der Mex-1 zum Meer nach Bahía de los Ángeles ab. Auf der gesamten Strecke begegnen uns exakt zwei Autos. Da kann wohl nicht so viel los sein. Und tatsächlich ist der Ort fast ausgestorben. Die Saison ist offensichtlich komplett vorbei.
Wir beziehen unser Zimmer im Hotel, das wir telefonisch reserviert hatten. Und es gibt die Diskussion, wohin mit dem Motorrad, damit es sicher ist. Der ältere Hotelbesitzer sagt, wir sollen mit dem Motorrad ins Zimmer fahren. Dazu ist aber eindeutig zu wenig Platz (nicht im Zimmer, sondern am Weg dorthin, weil es nur eine schmale Rampe mit Geländer links und rechts gibt). Also einigen wir uns, dass es vor seinem Büro bzw. Haus neben dem Kühlschrank abgestellt wird. Hoffentlich passt das.
Vorher muss Hannes noch Benzin besorgen. Es gibt zwar eine Pemex im Ort, aber hier nimmt (fast) niemand Kreditkarten. Auch das Zimmer müssen wir bar bezahlen. Damit haben wir wirklich nicht gerechnet. Zum Glück betreibt der Pächter der Tankstelle auch ein Geschäft, das ein Kreditkartenterminal hat. Also muss Hannes in das Geschäft fahren, einen “Voucher” für Benzin kaufen, und damit dann wieder zur Tankstelle. Wenigstens können wir wieder weiterfahren. Das restliche Bargeld, müssen wir uns fürs Essen einteilen. Wir haben nicht damit gerechnet, dass es in einem Touristenort keinen ATM gibt und (fast) niemand Karten akzeptiert.
Der Ort ist bekannt dafür, dass man mit Walhaien schwimmen kann, bzw. später im Winter können Wale bei der Paarung beobachtet werden. Für die Wale sind wir leider viel zu früh auf der Baja. Außerdem ist der Ort bei Sportfischern beliebt.
Wir organisieren uns für den Abend ein paar Bier und dürfen den Kühlschrank des Besitzers in seinem Haus benutzen. Es ist alles sehr familiär hier. Das Wifi ist allerdings eine einzige Katastrophe. Es funktioniert nur in der Nähe des Oficina und ist langsamer als unser altes Telefonmodem aus den 90igern.
20. Oktober 2019
Wir machen einen Morgenspaziergang zum Meer um den Ort zu erkunden. Auch heute ist alles verschlafen und wie ausgestorben.
Beim Frühstück sind wir nach sehr kurzer Zeit nicht mehr alleine. Die Fliegen werden immer mehr, es ist nicht zum Aushalten. Ein kleiner Fleck mit Marmelade am Tischtuch wird zur heiß umkämpften Futterstelle.
Dann wollen wir uns erkundigen, was ein Ausflug mit dem Boot kostet. Wir finden einen Laden der Bootstouren für 200USD anbietet. Das war uns für zwei Stunden doch zu teuer.
Also gehen wir zu Fuß zum Strand, der auch hier praktisch menschenleer ist. Uns begleiten nur drei Hunde, die sich unterwegs zu uns gesellen. Auch am Strand bleiben sie immer bei uns und gehen sogar ein Stück weit mit ins Wasser. Wir gehen zum ersten Mal auf der Reise im Meer baden. Das Wasser im Golf von Kalifornien ist angenehm warm. Ein Riesenunterschied zum Pazifik auf der anderen Seite der Halbinsel.
Hannes ist von den Hunden schon ziemlich genervt, weil sie immer alle Wasservögel vertreiben. Erst viel später, als zwei Frauen am Strand entlang spazieren und die Hunde streicheln, wechseln sie ihre Begleiter und wir sind sie (endlich) los.
Wir lesen noch eine Zeit und spazieren noch einmal den Strand entlang bis zu einem kleinen Campingplatz auf dem wir einen Camper aus Luxembourg sehen. Laut Beschriftung auch Weltreisende. Es ist aber niemand da, den wir ansprechen können.
Am Abend plaudern wir kurz mit der Runde netter Amerikanerinnen aus San Diego, die auch hier im Hotel sind. Es ist eine Runde von Freundinnen rund um die Tochter des Hotelbesitzers. Sie fahren öfter pro Jahr hierher, so wie dieses Mal manchmal auch nur für ein verlängertes Wochenende. Dafür ist die ca. 10-stündige Anfahrt schon ziemlich anstrengend.
21. Oktober 2019
Wieder wechseln wir heute die Küstenseite der Baja. Diesesmal von Ost nach West Richtung Guerrero Negro. Soweit wir recherchiert haben, ist das einer der absoluten Hotspots zum Wale Beobachten. Aber wie schon geschrieben, dafür sind wir leider zwei Monate zu früh hier. In die nahegelegenen Bucht kommen in den Wintermonaten bis zu 1000 Wale gleichzeitig, die größte Walansammlung weltweit.
Die Strecke ist wieder ziemlich langweilig. Endlos fahren wir durch wüstenartige Landschaft. Es gibt hier wirklich absolut nichts zwischen den sehr spärlich vorhandenen Orten.
Ein paar mal schon haben wir Wildpferde neben der Straße gesehen, bzw. wir nehmen an, dass es Wildpferde sind. Es gibt keinen Zaun und sie bewegen sich frei. Heute queren ein paar Pferde direkt vor uns die Mex-1. Andrea war mit dem Fotoapparat schnell genug und hat das letzte noch erwischt.
Kurz vor Guerrero Negro passieren wir die Grenze zwischen der Baja California Norte und B.C. Sur. Es gibt einen größeren Militärstützpunkt und eine Kontrolle. Wir werden nur kurz gefragt wohin wir wollen und was wir hier machen, dann dürfen wir passieren. Die Tarnbemalung der Militärfahrzeuge erinnert Hannes immer wieder an Tetris 🙂
Bevor wir in Guerrero Negro ins Quartier einchecken, wollen wir uns die Küste ansehen. Wir fahren Richtung Meer und kommen auf eine Sandpiste, die durch die Lagune führt. Links und rechts ist flaches Wasser mit einigen Vögeln, sonst nichts. Die Piste endet schließlich an einer Art Hafen für die Salzfabrik im Ort. Es sieht ziemlich spacig aus, weil es nur weißen Sand (wegen dem Salz) gibt.
Unser heutiges Airbnb ist in einem Haus bei einer Tischlerei. Zwei Zimmer im Haus werden vermietet, und der Sohn wohnt auch hier. Die Küche wird scheinbar auch für die Angestellten verwendet. Die Gastgeber sind sehr freundlich und wir fühlen uns wohl. Hannes kocht heute als Abwechslung zum mexikanischen Essen .Ein Kanadier ist unser Mitbewohner und mit dem Auto unterwegs. Er ist schon fast am Ziel seiner Reise und erzählt, dass er das Alleinreisen mittlerweile satt hat und froh ist, wenn er wieder zu Hause ist. Wir sind uns einig, dass Alleinreisen keine Option für uns wäre.
Beim Einkaufen sehen wir vor dem Mercado wieder den zu einem Wohnmobil umgebauten Mercedes der Luxemburger. Wir sehen auch die beiden im Geschäft. Zurück im Quartier, merken wir, dass sie uns eine Nachricht auf Instagram geschickt haben, auch sie haben uns erkannt. Mal sehen ob sich unsere Wege noch einmal kreuzen:)
22. Oktober 2019
In der Früh entdecken wir auf der Couch im Wohnbereich einen weiteren Schlafgast, der sich durch unser Frühstückmachen nicht stören lässt. Wir vermuten ein Freund des Sohnes.
So wie gestern, passieren wir unterwegs wieder eine Militärkontrolle. Das ist schon fast das Highlight auf der gesamten Strecke nach San Ignacio. Heute geht es auch die meiste Zeit nur schnurgerade dahin, natürlich durch die Wüste. Mal gibts Kakteen, mal Joshua Trees, mal nur Büsche und Sand.
Bei San Ignacio liegt eine Oase mit Wasser mitten in der Wüste. Es wirkt fast ein wenig surreal, als wir bei den vielen grünen Palmen vorbei ins Zentrum des kleinen Ortes fahren.
Am Hauptplatz gibt es große schattenspendende Bäume und eine alte Jesuiten Kirche. Das mit den Bäumen hört sich trivial an, ist es hier in der Wüste aber nicht. Normalerweise finden wir auf unseren Etappen unterwegs keinen einzigen Schatten, außer wenn es Häuser gibt, oder vielleicht hinter einem Stamm eines größeren Kaktus. Also genießen wir die friedliche Ruhe hier und essen eine Kleinigkeit. Die paar Lokale am Platz sind komplett leer, wieder ist überhaupt nichts los.
San Ignacio (und Umgebung) hat heute auch unseren bisherigen Temperaturrekord gebrochen. Es hat angenehme 36,5 Grad. Zum Glück ist es staubtrocken, das macht es einigermaßen erträglich. Im Death Valley hat Hannes noch großspurig gesagt, er versteht überhaupt nicht, wieso man dort übernachten will, wenn es so heiß ist. Jetzt haben wir genau das an der heißesten Stelle gemacht.
Unser Quartier liegt etwas außerhalb des Ortes bei der Oase, die wir noch kurz zu Fuß erkunden. Eine mexikanische Familie ist gerade hier beim Baden, sonst ist nichts los. Es muss hier einen großen Brand gegeben haben, weil die Stämmer aller Plamen verkohlt sind.
Unser Zimmer bzw. das ganze Haus ist ziemlich luxuriös. Wir haben den ganzen Platz mit den Terrassen (es gibt mehrere) für uns alleine, weil wir die einzigen Gäste sind. Beim Draußensitzen am Abend müssen wir uns das erste mal mit Insektenschutz einsprühen. Hier sind ziemlich viele Mücken unterwegs, die gierig auf unser Blut sind.
23. Oktober 2019
Wir lassen uns am Vormittag Zeit und lesen noch auf einer der Terassen, bis uns in der Sonne zu warm wird. In den meisten Quartieren ist Check Out üblicherweise 11:00, manchmal 12:00, aber heute hätten können wir länger bleiben. Wir genießen die Ruhe, und brechen entspannt nach Mulegé auf.
An die Topes (Bodenschwellen) werden wir uns wahrscheinlich nie gewöhnen. Es gibt sie überall, sogar auf der Mex-1, der größten Straße der Baja. Besonders viele sind aber in den Ortschaften bzw. kleineren Städten, die auch asphaltierte Nebenstraßen haben. Das macht das Fahren ziemlich nervig und anstrengend. Neben den Topes gibt es noch die Rüttler (Bezeichnung von Hannes), die entweder ein Topes ankündigen, oder nur eine Kurve auf der Mex-1. Das sind meistens Metallknöpfe im Boden, manchmal aber auch kleine Bodenwellen im Asphalt.
Bei Santa Rosalia kommen wir wieder an den Golf von Kalifornien. Santa Rosalía soll schön sein und Häuser im französischen Stil haben. Also machen wir einen Stopp um uns das anzusehen.
Die Architektur wirkt auf uns nicht so beeindruckend. Dafür gefällt uns der Schulbus umso besser.
Heute haben wir wieder ein kleines Häuschen in Mulegé für uns alleine. Es gehört einem Amerikaner, der nebenan wohnt. Immer wieder erstaunt uns der Unterschied von den Quartieren, die vermietet werden, zu den Quartieren, in denen die Vermieter wohnen. Hier sind die vermieteten bisher ausnahmlos schöner und sauberer. In Mulegé sind offensichtlich viele Amerikaner unterwegs bzw haben sich hier niedergelassen. Die Gringos sind leicht zu erkennen. Wir haben gehört, dass es scheinbar sehr einfach für Nicht Mexikaner ist, ein Haus, oder einen Baugrund in Mexiko zu kaufen.
Beim Abendspaziergang am Fluss entlang zum Meer lösen wir endlich ein Vogelrätsel. Die Raben, die uns seit Kanada begleitet haben, gibt es zwar immer noch, aber auf der Baja ist uns ein Vogel aufgefallen, der ähnlich groß wie ein Rabe und auch schwarz ist. Nur der Kopf ist bei den Truthangeiern rot. Wir sehen sie hier häufiger als die Raben. Zwar sind sie aus der Nähe nicht so schön, allerdings ist es beeindruckend ihnen beim Fliegen zuzusehen, wenn sie in der Wüste ihre Kreise ziehen. Wir dachten zuerst, dass diese Vögel kleine Tiere jagen, aber scheinbar fressen sie hauptsächlich Aas.
Noch ein weiteres Tier besucht uns heute in der Wohnung: eine Spinne. Sie ist zum Glück nur so groß, dass sich Hannes traut, sie mit einem Glas zu fangen und nach draußen zu bringen. Das kann auf der Reise noch spannend werden 😉