14. November 2019
Auf die heutige Etappe freuen wir uns sehr, Hannes ganz besonders. Wir fahren nach Durango, der Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates. Es liegt auf fast 1900m und ist die erste von mehreren Städten die wir besuchen wollen und deren Zentrum UNESCO Weltkulturerbe ist. Wir nehmen die mautfreie Carretera 40, die zu den besten Motorradstrecken Mexikos zählen soll, weil sich auf fast 200km der Strecke eine Kurve an die andere reiht.
Wir nehmen also wieder Abschied vom Meer. Unser Motorrad hatte einen schönen Abstellplatz direkt vor unserem Quartier im Hof. Das Ein- und Ausfahren ist Millimeterarbeit, weil wir zu faul zum Abnehmen der Koffer sind und nur eine Tür aufgeht.
Nach ca 30km geht die Kurvenfahrt los und es wird ziemlich einsam. Es ist fast kein Verkehr auf der gesamten Strecke. Zum Glück ist die Straße über weite Teile ganz passabel und wir können nicht nur die grüne Landschaft und die Berge, sondern auch die Kurven auskosten. Wir haben auch perfektes Wetter mit strahlend blauem Himmel. Zu Beginn freuen wir uns noch über die frische klare Luft, doch je weiter und höher wir kommen, desto kälter wird es. Wir kommen auf über 2500m und es kühlt auf 12 Grad ab. Das trifft unsere wärmeverwöhnten Körper schon ein wenig hart. Gestern haben wir noch im T-Shirt geschwitzt und heute müssen wir uns ein paar Schichten anziehen.
Weil auf der Straße nichts los ist, können wir uns auch solche Fotos erlauben.
So schön die Straße auch ist, wir müssen trotzdem recht vorsichtig fahren. Hinter jeder Kurve kann ein Schlagloch kommen, oder es sind wieder einmal Kühe auf der Fahrbahn.
In einem kleinen Nest mitten in den Bergen gönnen wir uns in einem sehr einfachen Gasthaus eine Stärkung. Es gibt nur ein Gericht zur Auswahl, das nehmen wir. Wir bekommen eine kräftige Suppe, dazu Reis und natürlich Tortillas, die fehlen nie.
Unser Zimmer ist in einem Privathaus in Gehweite zum Zentrum von Durango. Wir haben befürchtet, dass es mühsam wird, durch die Stadt zu fahren, aber das Gegenteil ist der Fall. Es ist wenig Verkehr und wir sind schnell da. Der Sohn der Hausherrin nimmt uns in Empfang und wir dürfen in der Garage parken, er fährt dazu extra sein Auto raus. Sehr nett! Das Zimmer, das wir beziehen, hat früher der Tochter gehört. Es ist noch mit vielen persönlichen Sachen eingerichtet, irgendwie ein komisches Gefühl. Außer uns sind heute Nacht nur ein paar Papageien im Haus, die uns in ihren Käfigen ein wenig leidtun.
Wir nutzen die letzten Sonnenstrahlen aus und machen eine Runde durch die Altstadt. Durango wirkt recht modern und sauber. Die Häuser sind auch mondäner als in den bisherigen Städten.
Am Abend wird es hier recht frisch. Seit langer Zeit brauchen wir wieder unsere Daunenjacken. Und im Zimmer erleben wir eine kleine Überraschung, es gibt kein warmes Wasser.
15. November 2019
Weiter geht es auf der „Real de Tierra Adentro“ (Silberstraße) in Richtung Südosten ins Landesinnere. Die Silberstraße war zur Kolonialzeit eine wichtige Handelsroute zwischen Mexiko Stadt, den Silberminen die es hier rund um die Städte gibt und führte bis Santa Fe. Silber ist hier auch heute noch wichtig. Man merkt, dass es in den Städten sehr viele Geschäfte gibt, die Silberschmuck anbieten. Für uns steht die nächste Stadt mit Weltkulturerbe Status auf dem Programm. Zacatecas, das noch höher als Durango, auf über 2400m in einer Talsenke liegt.
Die Fahrt dorthin ist recht langweilig. Landschaftlich ändert sich fast nichts. Wir sind auf einer riesigen Hochebene und links und rechts gibt es Felder, oder Steppe. Die Kurven von gestern fehlen uns.
Eigentlich hatten wir kurz überlegt zwei Nächte in Zacatecas zu bleiben. Für die Nacht von Samstag auf Sonntag war aber nichts mehr frei. Von Antonio, dem Vermieter, erfahren wir, dass am Montag in ganz Mexiko ein Feiertag ist und deshalb Viele das verlängerte Wochenende für eine kleine Reise nutzen. Der Tag der Revolution ist eigentlich erst am 20. November, aber in Mexiko werden die gesetzlichen Feiertage auf den Montag davor verschoben.
Wir machen uns wieder auf zu unserem Stadtrundgang. Zacatecas wirkt sehr authentisch, mit vielen alten Läden und Häusern. Es ist einiges los auf den Straßen und sehr lebendig.
Zum Abendessen gehen wir in eines der Lokale im Zentrum, in der Hoffnung dass wir uns drinnen ein wenig aufwärmen können. Großer Irrtum! Es sind sogar die Fenster offen und es zieht ein richtig kalter Luftzug durch. Alle sitzen hier mit Jacke und teilweise Haube beim Essen. Nicht so gemütlich.
Unser Quartier liegt ein gutes Stück am Berg knapp außerhalb der Altstadt. Am Heimweg müssen wir also ziemlich steil nach oben und wir spüren beim Aufstieg die Höhe. Oder wir sind einfach nur müde. Wir decken uns noch in ein paar kleinen Läden für das Frühstück ein. So klein manche Geschäfte auch sind, es gibt trotzdem erstaunlich viel verschiedene Sachen, außer richtigen Kaffee. Alle verkaufen hier nur Nescafe. Der steht aber sowieso im Quartier und Hannes wird wohl oder übel nichts anderes übrig bleiben.
Wie in den meisten Häusern hier gibt es auch bei uns keine Heizung. Natürlich dichten die Fenster und Türen nicht besonders. Es ist also richtig arschkalt im Zimmer. Wir können beim Ausatmen sogar unseren Atem sehen. Also stapeln wir im Bett alle verfügbaren Decken übereinander, damit wir nicht frieren.
16. November 2019
Der Feiertag hat unsere Planung ein wenig über den Haufen geworfen. Wir wollten heute nach Guanajuato fahren und dort übernachten. Außer sehr teuren Quartieren war aber nichts freies mehr zu finden. Unglaublich bei der großen Anzahl an Zimmern die es dort gibt. Wir weichen also ein wenig aus und fahren nach Dolores Hidalgo. Diese Stadt gilt als der Geburtsort der Unabhängigkeit von Spanien. Auch hier war es sehr schwer etwas zu finden. Hannes telefoniert sich durch und schließlich haben wir ein Zimmer für 60€. Nicht gerade günstig für hiesige Verhältnisse, aber noch vertretbar.
Wir sind schnell aus der Stadt und kommen durch ein plaar kleine Dörfer. Wir sehen wieder viele Menschen, die in sehr einfachen Verhältnissen leben. Esel sind hier nach wie vor wichtige Nutztiere und häufig zu sehen. Pferde sehen wir öfter bei Bauern die beritten ihre kleinen Herden bewachen.
In einem der Dörfer ist plötzlich die Straße unterbrochen und wir müssen über sehr holprige Wege mit tiefen Löchern und Schlamm fahren. Das Motorrad wird ordentlich eingestaubt, das bedeutet wieder putzen am Abend. Zum Glück gibt es bald wieder Asphalt.
Neben den Straßen sehen wir häufig Kreuze und kleine Grabstätten. Wir nehmen an, dass hier Menschen bei Unfällen ums Leben gekommen sind. Dass es so viele dieser Grabsteine gibt, wundert uns, wir haben während unserer Zeit in Mexiko noch keinen einzigen Unfall gesehen. Wir fahren allerdings nie bei Dunkelheit, eine unserer eisernen Regeln.
Bei einer Klopause gehen wir ein wenig spazieren. In den Feldern wimmelt es nur so von Heuschrecken. Jeder Schritt löst einen kleinen Sprungzirkus am Boden aus. Das Chili Feld ist noch nicht abgefressen, wahrscheinlich sind die Chilis den Heuschrecken zu scharf 😉
Dolores Hidalgo ist nicht allzu groß. Trotzdem sind alle Straßen verstopft und wir müssen uns mit unlauteren Mitteln vorkämpfen. Weil das Motorrad mit den Koffern ziemlich breit ist, geht das am Besten in der Mitte bzw. auf der Gegenfahrbahn. Unser kleines Hotel ist sehr hübsch und das Zimmer ist, verglichen mit einigen anderen Quartieren, fast schon luxuriös. Trotzdem halten wir uns nicht lange auf und machen wie üblich einen Stadtrundgang. Zum Glück ist es hier nicht mehr so kalt wie in Zacatecas. Da lässt Hannes gleich die Daunenjacke zu Hause. Ein wenig übermütig, wie er später zugeben muss.
An den Anblick von Militär und schwer bewaffneten Polizisten ist hier jeder gewöhnt. Wir haben mittlerweile auch schon einige gesehen. Trotzdem wirkt der Kontrast zwischen den feiernden Menschen und den bewaffneten Soldaten für uns extrem befremdlich.
Auch in Dolores Hidalgo gibt es viele Geschäfte die Silberschmuck verkaufen. Andrea wirft begehrliche Blicke und merkt an, dass sie bald Geburtstag hat 🙂 Hannes interessiert sich aber mehr für andere Sachen. In einem Laden, der Cowboyhüte und Lederstiefel anbietet, probiert er einige Stücke. Zum Glück haben wir nur sehr beschränkten Platz in unseren Koffern, sonst hätte sich Hannes heute einen schicken Hut und Cowboystiefel gekauft 😉
Zufällig lesen wir heute am Abend die Reisewarnung des Deutschen Auswärtigen Amtes. Es wird abgeraten, genau die Städte am Landweg zu bereisen, die wir in den letzten Tagen besucht haben: Mazatlán, Durango und Zacatecas. Wir wollen das nicht auf die leichte Schulter nehmen, aber wir haben uns noch nie unwohl, oder unsicher gefühlt. Und auch die Mexikaner, mit denen wir bisher gesprochen haben, sagen, solange wir nur tagsüber fahren, ist es sicher.