🇬🇹 Tag 159 bis 161 – Antigua, Hauptstadt der Kolonien

5. Jänner 2020

Nach Rio Dulce wollten wir uns gerne die Terrassen von Semuc Champey ansehen. Aber wiedereinmal macht uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Eine Kaltfront mit Regen zieht gerade durch dieses Gebiet im Zentrum von Guatemala. Bei 20 Grad wollen wir nicht im Fluss baden gehen und wandern bei Regen lassen wir auch lieber aus. Also disponieren wir um und fahren gleich nach Antigua Guatemala, der ehemaligen Hauptstadt der spanischen Kolonien in Zentralamerika. Jetzt ist es wahrscheinlich die Hauptstadt der Tourist*innen in Guatemala, zumindest schätzen wir das so ein, von dem, was wir über diese Stadt gelesen haben.

von Rio Dulce nach Antigua Guatemala – 307km

Lange Zeit bleiben wir im Tiefland und fahren auf der CA-9 entlang der Sierra de Las Minas durch saftig grüne Landschaft. Die Straße ist über weite Strecken in recht gutem Zustand und wir können einigermaßen entspannt fahren. Was uns aber auffällt, sind vereinzelte Autofahrer*innen, die völlig unsinnige und riskante Überholmanöver druchführe, zB vor einer Kuppe, oder in einer Kurve. Als wir einen Kleinlaster überholen, muss uns ein großer Pickup unbedingt gleichzeitig überholen, weil nicht so viel Platz auf der Straße ist, muss er zum Teil auf den Schotter neben der Straße ausweichen. Sehr ärgerlich. Im Vergleich dazu wird in Mexiko viel gesitteter gefahren. Für uns heißt es noch eine Spur defensiver fahren.

einer von vielen Obstständen
schlafen im Pickup

Bei Rio Hondo machen wir Stopp bei einem Comedor um einen Kaffee zu trinken. Wieder einmal ist der Kaffee eine große Niederlage, weil es Löskaffee ist. Die Hitze macht uns beim Fahren immer recht müde, also bräuchten wir eigentlich einen ordentlichen, starken Espresso.

Kurz bevor wir wieder aufbrechen wollen, kommen Reiter die Straße entlang. Ein lange Pferdeparade zieht vorbei und wird durch laute Musik kräftig unterstützt. Obwohl wir uns mit dem Motorrad vorbeischwindeln könnten, lassen wir uns das nicht entgehen und sehen lieber dem bunten Treiben zu.

Während der Parade, sehen wir – mittlerweile zum dritten Mal – eine BMW mit ukrainischem Kennzeichen. Wir haben sie schon in El Remate stehen und in Rio Dulce vorbeifahren gesehen. Heute nehmen wir uns vor die beiden zu kontaktieren. Auf dem Koffer ist ein Hashtag aufgeklebt mit dessen Hilfe wir ihren Instagram Account gefunden haben.

Bevor es Richtung Guatemala Stadt ins Hochland geht, machen wir noch einmal eine Pause in einem Landgasthaus, das sehr schön in den Hügeln liegt. Wir sehen leider erst zu spät, dass hinter dem Lokal noch ein zweiter Gastgarten mit einer schönen Terrasse mit Ausblick in die Hügel ist.

Die Hauptstadt müssen wir am Weg nach Antigua streifen. Zum Glück ist der Verkehr nicht extrem, es ist zwar viel los und wir müssen uns durch zwei Staus kämpfen, es geht aber schneller als befürchtet. Mittlerweile hat es auf knapp über 20 Grad abgekühlt, das ist doch deutlich frischer als die 30 Grad die wir bei der ersten Pause hatten. Das letzte Stück geht es rauf und runter durch die Berge bis wir ins Zentrum von Antigua kommen. Unser Airbnb liegt am Rande der Altstadt und so müssen wir durch die Straßen mit dem groben Kopfsteinpflaster holpern. Kein Wunder, dass hier die meisten Autos und Tuk-Tuks beim Fahren laut scheppern und quietschen.

Das Kopfsteinpflaster alleine genügt natürlich nicht. In Guatemala gibt es zwar keine Topes mehr, dafür aber Tumulos, dasselbe Bauwerk, nur mit einem anderen Namen. Und wir hatten gehofft, dass wir die nervigen Bodenschwellen bei der Ausreise aus Belize hinter uns gelassen haben.

vor dem Quartier in Antigua

Wir ziehen in ein sehr schönes Zimmer und haben wieder einmal eine gute Küche, wo wir uns Frühstück machen können. Das Motorrad können wir hinter dem Haus auf eine kleine Wiese abstellen. In der Nacht wird das Gatter vom Zaun versperrt, angeblich ist das sicher. Als wir das Motorrad des Hausherrn neben unserem stehen sehen, sind wir beruhigt, aber nur bis wir am nächsten Morgen sehen, dass er sein Bike über Nacht ins Wohnzimmer geschoben hat. Er meint darauf nur lapidar, dass sein „kleines“ Motorrad hier viel begehrter ist als unseres, das hier sowieso praktisch niemand fährt und deshalb niemand was damit anfangen kann. Ab jetzt machen wir uns ein wenig Sorgen, obwohl es wirklich gut versteckt hinter dem Haus steht.

Wir drehen noch eine erste Erkundungstour durch die Altstadt, die nicht sehr groß, dafür aber sehr lebendig ist. Es gibt sehr viele Lokale und wie vermutet auch sehr viele Tourist*innen, vorwiegend aus den USA. Trotzdem hat die Stadt Flair und eine sehr angenehme Atmosphäre. Von praktisch überall haben wir Blick auf einen von drei Vulkanan, die von der Stadt aus sichtbar sind. Der dominanteste ist der Vulkan Agua mit einer Höhe von 3760m, er überragt also das auf 1500m liegende Antigua nocheinmal deutlich. Außerdem sieht man noch die Vulkane Acatenango und Fuego. Letzterer ist noch aktiv und wir sind gespannt ob wir etwas sehen können.

Kathedrale und Vulkan Agua
Musik und Tanz im Palacio del Ayuntamiento

Am Abend schreiben wir eine Nachricht an Kristina und Andrii aus der Ukraine und erhalten prompt Antwort. Sie sind auch gerade in Antigua also verabbreden wir uns für Morgen um 11:00. Wir sind gespannt was sie zu erzählen haben.

6. Jänner 2020

Wir genießen unser selbstgemachtes Frühstück und bekommen sogar Kaffee und Kuchen dazu. Nach der Diskussion bezüglich Motorrad Abstellplatz müssen wir gleich prüfen, ob unseres noch da ist. Ja, alles Bestens.

einer der Mitbewohner

Es gibt heute früh fast keine Wolken und wir haben auf der Dachterrasse einen tollen Ausblick auf die Vulkane. Nach ein paar Minuten sehen wir beim Fuego Rauchwolken aufsteigen. Angeblich sieht man in der Nacht sogar die Lava leuchten.

Vulkan Fuego
im Garten unter uns

Eigentlich wollten wir sehr gerne eine Vulkanbesteigung machen. ZB auf den Vulkan Agua, der nicht mehr aktiv ist. Leider raten aber fast alle aus Sicherheitsgründen davon ab. Beim Aufstieg auf diesen Vulkan wurden immer wieder Tourist*innen, angeblich auch in einer Gruppe, überfallen und ausgeraubt. Auch die anderen Vulkane soll man nur in einer geführten Gruppe besteigen. Die angebotenen Touren sind aber relativ teuer und wir wären lieber alleine in unserem Tempo gewandert. Vorerst verschieben wir also eine Vulkanbesteigung.

Stattdessen buchen wir für den Nachmittag eine Besichtigung einer Kaffeeplantage mit Führung durch die gesamte Anlage. Den Tipp haben wir von einem unserer Freunde aus der Heimat. Vorher machen wir uns auf den Weg zum Treffpunkt mit Kristina und Andrii.

Arco de Santa Catalina mit Vulkan Agua
Arco mit Iglesia de La Merced

Wir können die beiden leicht identifizieren und gehen zum Tratschen in den schönen Innenhof ihres Hotels. Sie kommen aus Odessa und machen die Panamericana in Etappen. Sie haben die Reise schon zweimal für ein paar Monate unterbrochen, damit Andrii als Seemann wieder Geld verdienen kann. Wir tauschen Erlebnisse aus und beraten auch ein paar motorradtechnische Details, so spannende Dinge, welche Reifen man wo bekommen kann. Die beiden sind sehr nett und wir beschließen uns am Abend nocheinmal zu einem gemeinsamen Essen zu treffen. Wir müssen jetzt los und damit wir rechtzeitig bei der Kaffeetour sind, nehmen wir ein Tuk-Tuk zur Finca Filadelfia, die etwas außerhalb liegt. Dass dieses Tuk-Tuk überhaupt noch fährt grenzt an ein Wunder, so wie es aussieht. gesprungene Scheiben und dort wo sich normalerweise Armaturen und Blinkerschalter befinden, sehen wir nur Löcher.

in der Finca Filadelfia

Zur Einstimmung auf die Tour trinken wir einen sehr guten Cappucino, endlich wieder einmal guter Kaffee! Dann starten wir in einem Unimog in die Plantage. Heute am Feiertag ist wenig los und außer uns ist nur ein US-Amerikaner aus Oklahoma bei der Führung dabei. Ein wenig erinnert uns die Finca mit der gesamten Anlage an die Weingüter in Südafrika. Nur stehen hier statt der Weinreben Kaffeebäume.

Wir erfahren einiges über den Kaffeeanbau in Guatemala und können zum erstenmal reife Kaffeekirschen essen. Dass die Frucht süßlich und genießbar ist, und daraus auch Marmelade gemacht wird, haben wir nicht gewusst.

Kaffeekirschen
Kaffeebäume mit Schattenpflanzen

Zurück am Gelände erhalten wir eine Führung durch die gesamte Produktionsstraße. Zu unserer Schande haben wir wieder einmal den Namen von unserem sehr netten Führer vergessen. Wir nehmen uns fest vor, dass wir uns Namen in Zukunft aufschreiben, weil wir beide ein sehr schlechtes Namensgedächtnis haben.

Unser Guide erklärt uns die verschiedenen Produktionsmethoden, die hier auf der Finca praktiziert werden und zeigt uns die dafür notwendigen Maschinen. Jeder Schritt wird erklärt.

unser Jahresbedarf

Zurück in der Stadt gehen wir uns kurz umziehen und holen dann unsere Reisebekanntschaft aus deren Hotel ab.

Iglesia de La Merced
Templo Santa Teresa de Jesus

Wir unterhalten uns gut beim Essen und tauschen auch die weiteren Pläne aus. Kristina und Andrii wollen durch Honduras und El Salvador auslassen, genau das war auch unser ursprünglicher Plan.In den letzten paar Wochen sind wir aber davon ein wenig abgekommen, weil wir das Gefühl hatten dass El Salvador doch sicherer als Honduras ist und wir schneller durch sind. Jetzt sind wir wieder am Überlegen, mal sehen was die beiden aus Honuras berichten, sie werden uns mindestens zwei Wochen voraus sein, weil wir noch länger in Guatemala bleiben wollen und erst am 14. Jänner einen Termin in der BMW Werkstatt in der Hauptstadt haben.

Die Zeit vergeht wie im Flug und wir haben sogar darauf vergessen ein Foto von uns zu machen. Das einzige Bild, das wir haben ist von Kristina auf der Straße. Zum Abschluss trinken wir noch ein Bier auf deren Hoteldachterrasse und sehen tatsächlich ein paar Minuten die rotglühende Lava des Fuego. Wir verabschieden uns von den beiden und vereinbaren in Kontakt zu bleiben. Das Treffen war eine sehr nette Abwechslung in unserem Reisealltag.

Kristina

7. Jänner 2020

Heute ist schon wieder der letzte Tag in Antigua. Der morgendliche Blick zum Motorrad bringt ein zufriedenstellendes Ergebnis und wir können in Ruhe frühstücken. Heute wollen wir zuerst zum Aussichtspunkt „Cerro de La Cruz“, der auf einem Hügel liegt und dann endlich durch die ganze Altstadt gehen. Bisher waren wir nur bei der Kathedrale und beim Arco unterwegs.

wieder hustet der Vulkan Fuego
Blick über Antigua und auf den Vulkan Agua
Chicken Bus
Santuorio San Francisco el Grande
Iglesia de La Merced

In einer riesigen Halle mit allem möglichen Kunsthandwerk Erzeugnissen, gibt es auch ein paar Regale mit vielen verschiedenen Masken. Ein paar davon probieren wir natürlich.

wer ist das?

Nach diesem ausgedehnten Spaziergang sind wir einigermaßen müde und rasten uns im Zimmer ein wenig aus. Am Abend suchen wir uns ein Lokal und landen in einem levantinischen Restaurant. Wieder eine angenehme Abwechslung zum sonst der eintönigen traditionellen Essensalltag. Das ist eindeutig ein Vorteil von den Städten mit viel Tourismus. Es gibt auch viel Auswahl an unterschiedlichen Lokalen.

Palacio de los Capitanes Generales

Das Zentrum von Antigua ist angeblich auch am Abend im Dunkeln sicher. Gestern sind wir um kurz vor zehn zu Fuss nach Hause. Um diese Zeit waren nicht mehr sehr viele Leute unterwegs und das ist dann doch ein wenig mulmig, bei all den Geschichten. Heute um acht ist es noch einigermaßen belebt und das ist doch deutlich angenehmer.

Menü schließen