11. März 2020
Der Nightwalk gestern Abend hat uns nicht ganz überzeugt. Und das war eigentlich der Hauptgrund für den Abstecher auf die Halbinsel im Süden Costa Ricas. Als wir 2016 im Nationalpark Corcovado waren, war es ein Highlight der damaligen Reise. Bei einer einzigen Tour haben wir u.a. Delphine, 1 Wal, viele Affen, 1 Tapir gesehen. Und bei dem Nightwalk damals haben wir zumindest ein Faultier gesehen, das einen Baum rauf geklettert ist (sehr süß). Dementsprechend hoch waren heute die Erwartungen und dementsprechend enttäuscht waren wir auch, obwohl sich unsere Führerein wirklich viel Mühe gemacht hat. Aber die Tiere wollten heute anscheinend nicht von uns entdeckt werden. Trotzdem haben wir zwei sehr gemütliche Tage in dem kleinen Nest Dos Brazos verbracht. Hier fühlt es sich wirklich ein wenig wie am Ende der Welt an.
Weil wir die einzigen Gäste im Mini Hostel sind, haben wir die Küche ganz für uns allein. Also fast ganz. Wir müssen sie zumindest mit zwei Kakerlaken teilen, die sich aber sehr schnell verziehen, wenn wir die Tür aufmachen.
Der Plan für heute ist recht einfach. Wir wollen in das neunte Land unserer Reise, nach Panama einreisen. Zuerst müssen wir über die Schotterpiste zurück zur Hauptstraße und fahren dann nocheinmal die wunderschöne Strecke am Golfo Dulce bis zur Panamericana, die hier als Highway 2 bezeichnet ist.
Kaum sind wir von der Halbinsel runter steigt das Thermometer wieder unermüdlich an und heute stellen wir den bisherigen Temperaturrekord aus Guatemala mit 39 Grad wieder ein. Bei der Hitze ist das Motorradfahren wirklich anstrengend und sehr ermüdend. Auch wenn die Straße recht gut ist.
Wir haben uns bisher überhaupt keine Gedanken zur Einreise in Panama gemacht und uns nur kurz über die Formailtäten informiert. Die sind aber sehr ähnlich zu den anderen zentralamerikanischen Ländern und mittlerweile haben wir ja schon ein wenig Erfahrung gesammelt.
Die Ausreise aus Costa Rica geht dann auch sehr schnell. Wir müssen nur unsere Ausreisegebühr von 9 USD pro Person bezahlen und holen uns dann einzeln den Stempel im Pass ab. Auch das Löschen der Importbewilligung dauert keine 5 Minuten und wir können weiter zu den panamesischen Behörden fahren.
Wir sind zur Mittagszeit hier und es ist abgesehen von den vielen LKWs, die immer einzeln vorfahren, ganz wenig los. Der Einreiseprozess hier ist aber doch wieder ein wenig anders als bisher und hier bemerken wir zum ersten Mal so richtig, dass es neue Maßnahmen wegen dem Corona Virus gibt. Bei allen Personen wird zunächst einmal Fieber gemessen und eine kurze Befragung findet statt, erst dann folgen die formalen Schritte.
Hannes muss für den Einreisestempel zuerst eine Haftpflichtversicherung für das Motorrad im Laden gegenüber abschließen, erst dann bekommt er den Einreisestempel. Und Andrea darf überhaupt erst einreisen, wenn wir die Zollformalitäten mit dem Motorrad erledigt haben. Das waren bisher immer zwei voneinander getrennte Schritte.
Während wir auf die Bearbeitung der Motorradpapiere warten, treffen wir auf ein Paar, das ebenfalls auf einer großen BMW unterwegs ist. Liam aus Australien ist schon dreieinhalb Jahre unterwegs. Seine Freundin ist während der Reise unterwegs dazugestoßen. Sie haben die letzten drei Monate in Costa Rica verbracht und fahren nur wegen dem ablaufenden Visum nach Panama. Danach geht es wieder zurück nach Costa Rica. Was die beiden vorhaben könnt ihr auf deren Webpage nachlesen, die allerdings nicht mehr ganz aktuell ist.
In Panama erwartet uns dann eine richtige Autobahn, so wie wir sie aus Europa kennen. Obwohl es langweilig zum Fahren ist, sind wir wegen der Hitze dankbar und sind ruck-zuck in La Concepción, einer Stadt, die nur 30 Kilometer von der Grenze entfernt liegt.
In der Stadt gibt es gute Infrastruktur und einen sehr gut sortierten Supermarkt. Die Lebensmittel sind in Panama spürbar billiger als in Costa Rica, obwohl das Essengehen ungefähr gleich teuer ist. Wir gönnen uns eine Flasche Weißwein für den Abend und dürfen ihn bei den Gastgebern einkühlen. Der Host bemüht sich überhaupt sehr um uns und organisiert sogar einen Weinkühler mit Eis.
Wir lassen es uns gut gehen und planen, was wir uns in Panama ansehen wollen. Eigentlich ist Panama nur als Durchreiseland nach Kolumbien geplant. Ein bisschen wollen wir es aber schon kennenlernen. Nach einiger Recherche entscheiden wir uns für den Nationalpark „Isla de Coiba“, der, wie der Name sagt, auf einer Insel liegt. Hier soll es super zum Tauchen bzw Schnorcheln sein. Damit verwerfen wir die Idee, nocheinmal auf die Karibikseite zu den vielen kleinen Inseln in der Provinz Bocas zu fahren.
Als Stützpunkt wählen wir Santa Catalina. Von hier ist man mit einem Boot in einer Stunde auf der Insel Coiba, und es gibt einige Touranbieter. Die Zimmer sind in Santa Catalina ein wenig teurer als bisher, aber wir finden ein kleines Hotel, das preislich noch halbwegs im Rahmen ist und sogar eine Klimaanlage im Zimmer hat.
12. März 2020
Wir haben wieder eine etwas längere Strecke vor uns, aber weil ein großes Stück davon auf der Autobahn verläuft, sollte sich die Fahrzeit trotzdem in Grenzen halten.
Sobald wir die große Stadt David hinter uns gelassen haben, gibt es kaum noch Verkehr auf dem Highway und es geht zügig voran. Hier ist Panama im Gegensatz zu den anderen zentralamerikanischen Ländern sehr dünn besiedelt. Wir sehen fast keine Ortschaften.
Als wir den Highway verlassen, wird die Fahrt endlich interessanter. Es gibt aber nach wie vor kaum Ansiedlungen. Wir haben schon Hunger und würden gerne eine Kleinigkeit essen, finden aber keine Lokale oder Essensstände. In der kleinen Stadt Paraiso nehmen wir einfach das nächste offene Lokal. Es gibt nur drei Gerichte zur Auswahl und geschmacklich war es recht überschaubar, aber der Hunger ist gestillt.
Überraschenderweise ist die Straße bis Santa Catalina bis auf ein paar Schlaglöcher auf den letzten Kilometern in einigermaßen guten Zustand. Das liegt sicher am Tourismus. Santa Catalina ist nicht nur als Stützpunkt für Coiba relevant, sondern hier gibt es auch einen bei Surfer*innen sehr beliebten Strand. Wir sind doch einigermaßen überrascht, dass wir hier auf recht viele Tourist*innen aus Europa treffen.
Nach dem Einchecken gehen wir gleich in den Ort und machen uns auf die Suche nach Touranbietern um unseren Schnorchelausflug nach Coiba für Morgen oder Übermorgen zu buchen. Gleich die erste Auskunft, die wir bekommen, ist eine herbe Enttäuschung und wir bekommen zum erstenmal auch hier in Zentralamerika die Folgen der Pandemie zu spüren. Panama hat alle Nationalparks bis auf weiteres geschlossen und es dürfen vorerst gar keine Boote mehr für Tauch- oder Schnorchelausflüge ablegen, auch wenn sie außerhalb des Nationalparks bleiben. Heute war der letzte Tag, wo es noch möglich war und während wir fragen, kommen gerade die letzten Schnorchler*innen von ihrem Ausflug zurück. Die Stimmung ist natürlich ziemlich am Boden. So richtig haben wir noch nicht darüber nachgedacht, ob und wie dieses Virus unsere Reise beeinträchtigen wird. Es schien so weit weg, am anderen Ende der Welt. Auch wenn wir natürlich alle Berichte aus der Heimat lesen und in großer Sorgen wegen der Situation zu Hause sind. Aber jetzt sind wir sogar hier, am anderen Ende der Welt direkt davon betroffen und beeinträchtigt.
Damit ist Corona auch für uns ganz ins Zentrum unserer Überlegungen gerückt. Wir gehen am Abend nocheinmal an den kleinen Strand und überlegen, wie und was wir weiter machen sollen. Wir nehmen uns vor, uns vorerst nicht unterkriegen zu lassen.
Wir erfahren, dass Ecuador seine Grenzen geschlossen hat und machen uns Sorgen, ob wir nach Kolumbien weiterreisen können. Wenn wir unsere Reise unterbrechen müssen und die Länder ihre Grenzen schließen, ist es in Kolumbien sicher besser. Wir wollen nach Catalina, an der Karibik. Dort können wir uns auch ein paar Wochen am Strand niederlassen. Es gibt schlechtere Plätze zum stranden:) Aber die Zeit scheint zu drängen. Nach einigen Überlegungen treffen wir dann eine Entscheidung. Wir haben hier in Santa Catalina drei Nächte gebucht und bezahlt, werden aber nur zwei bleiben und am Freitag direkt nach Panama City fahren. Das Motorrad können wir am Montag Früh bei der Frachtfirma am Flughafen abliefern und danach gleich selbst nach Bogotá fliegen.
Wir haben uns ja schon vor einigen Wochen entschieden, dass wir den Darian Gap, die Sumpfregion an der Grenze zwischen Panama und Kolumbien, per Flugzeug überqueren wollen. Einen Landweg gibt es de facto nicht, außer für Extremabenteurer, die quer durch den Dschungel wollen.
13. März 2020
Ohne Küche im Quartier müssen wir uns nach einem Platz zum Frühstücken umschauen. Einige Lokale sperren erst zu Mittag oder für das Abendessen auf. Aber wir finden trotzdem schnell ein Lokal das offen hat und Frühstück anbietet. Nicht ganz billig, aber was soll’s.
Heute wollen wir uns den Surferstrand Playa El Estero ansehen, sonst haben wir nichts vor. Tagsüber wirkt es im Ort Santa Cataline fast wie ausgestorben und die Straßen sind leer. Wir wundern uns, ob das schon eine Auswirkung der Pandemie ist, oder ob das hier im März völlig normal ist.
Am Weg zum Strand kehren wir in einem Hostel auf ein Getränk ein. Wir haben einen schönen Blick aufs Meer und können angenehm im Schatten sitzen. Die Gäste, die sonst noch hier sitzen, sind alle in den Zwanzigern und es gibt nur ein Thema: Corona. Alle telefonieren oder überlegen was sie weiter machen sollen. Wie immer in solchen Situationen, verbreiten sich auch hier in Windeseile Gerüchte und Halbwahrheiten über die Situation im Land und über Grenzen die geschlossen werden.
Auch am Strand sind nur wenige Menschen unterwegs. Wir machen einen ausgedehnten Strandspaziergang und versuchen die Ruhe und das Meer zu genießen. Aber die Entspannung stellt sich nicht wirklich ein. Immer wieder kommen wir auf das Thema Corona zurück. Zu Hause in Österreich wurden bereits drastische Maßnahmen gesetzt und das öffentliche Leben auf ein Minimum zurückgefahren.
Zurück im Zimmer organisieren wir den Frachtflug für das Motorrad bei Aircargopack. Diese Firma hat einen sehr guten Ruf und wir haben bisher auch gute Erfahrungen gemacht. Die Mitarbeiterinnen reagieren immer zuverlässig und schnell auf unsere eMails. Unseren Flug buchen wir bei Copa Airlines für Montag Nachmittag.
Am Abend sitzen wir auf unserem Balkon und lesen. Wieder ist kaum was los und als um zehn Uhr zwei Pferde einsam an der Straße entlangschlendern und gemütlich am Straßenrand grasen, hat das schon ein wenig was von Endzeitstimmung. Mal sehen wie es morgen in Panama City wird.