🇨🇷 Tag 228 bis 231 – Die Pandemie holt uns ein

14. März 2020

Damit wir möglichst schnell nach Panama City kommen, verzichten wir auf unsere dritte Nacht in Santa Catalina und wollen an einem Tag bis in die Hauptstadt fahren. Unter normalen Umständen hätten wir so eine lange Etappe nicht geplant. Obwohl es keine echte Herausforderung zum Fahren ist. Nur das erste Drittel sind wir auf einer kleineren Nebenstraße unterwegs. Dann geht es zügig am Highway dahin.

von Santa Catalina nach Panama City – 370km

Bei einer Pause in einem kleinen Lokal trinken wir zum ersten Mal ein Coca Cola Cafe. Eiskalt ist es erträglich, aber zum Lieblingsgetränk wird es nicht reichen. Das Motorrad parkt unter einem riesigen Mangobaum. Der Baum ist voll mit Früchten, aber bis sie reif sind, dauert es leider noch ein paar Wochen.

unterm Mangobaum

Kurz vor der Hauptstadt müssen wir uns entscheiden, welche Einfahrtstraße wir wählen. Weil es nur unwesentlich weiter ist, wählen wir die Variante, die über die Puente Centenario und den Panamakanal führt. Die Brücke ist zwar riesig, aber ein Wow Effekt stellt sich beim Kanal nicht ein, obwohl wir in einiger Entfernung die Schleuse „Pedro Miguel“ sehen.

In der Stadt ist sehr wenig Verkehr und wir sind schnell im Viertel mit unserem Airbnb. Wir fragen gleich nach, wo wir das Motorrad sicher abstellen können. Leider gibt es keinen wirklich sichtgeschützten Bereich. Dass es keinen Zaun gibt, wussten wir schon beim Buchen, aber da ist uns noch versichert worden, dass es einen sicheren Platz gibt. Naja, wir stellen das Motorrad so weit wie möglich weg von der Straße und decken es ab. Es wird hoffentlich nichts passieren.

Das Zimmer ist recht geräumig und wir haben einen kleinen Kühlschrank und sogar eine Mikrowelle. Geschirr gibt es zwar keines, aber mit unserer Minimalausrüstung können wir trotzdem im Zimmer frühstücken.

Für den Flug nach Bogotá brauchen wir unbedingt einen Koffer, in dem wir unsere Sachen verstauen können. In den Koffern am Motorrad wollen wir nur die Motorradkleidung und ein paar andere Kleinigkeiten lassen. Bei der Anfahrt haben wir keine Geschäfte gesehen, also fragen wir unseren Vermieter, ob er vweiß, wo wir einen Koffer kaufen können. Er kann uns leider nicht weiterhelfen, aber er meint auch, dass es unklar ist, wie lange die Geschäfte wegen dem Corona Virus heute noch offen haben werden.

Wir machen uns also schnell auf den Weg und fragen uns unterwegs in ein paar Geschäften durch, bis wir den richtigen Tipp für ein Kaufhaus erhalten. Dort finden wir auf Anhieb einen riesigen Koffer, der nicht allzu teuer ist. Wir nutzen ihn gleich als Transporttasche für Lebensmittel und versorgen uns beim Heimgehen.

Panama City wirkt sehr modern und hat unzählige Hochhäuser, zumindest in dem Viertel, in dem wir unterwegs sind. Die Stadt könnte gefühlt genausogut irgendwo in den USA sein, mit dem einzigen Unterschied, dass hier doch auch ein par Fußgänger unterwegs sind.

15. März 2020

Gleich gegenüber von unserem Quartier gibt es eine Bäckerei. Hannes will von dort frisches Brot und Kaffee für das Frühstück besorgen. Keine 5 Minuten später ist er unverrichteter Dinge wieder zurück. Die Bäckerei ist am Sonntag leider geschlossen. Also bleibt es vorerst beim Müsli.

Weil wir gestern den Kofferkauf schon erledigt haben, gibt es heute nichts zu tun. Wir überlegen, ob wir zum Panama Kanal fahren und uns das Besucherzentrum der Schleuse ansehen sollen. Die Bilder und Informationen aus einer kurzen Recherche im Internet sprechen uns aber nicht so richtig an und wir beschließen uns stattdessen lieber die Stadt ein wenig anzusehen. Das Viertel Casco Viejo soll ganz nett zum Durchspazieren sein. Im Nachhinein ist uns klar geworden, dass das Besucherzentrum wegen dem Virus sowieso nicht geöffnet hätte.

Auf den Straßen ist sehr wenig los. Die Auswirkungen des Corona Virus sind mittlerweile auch in der Hauptstadt spürbar. Wir suchen uns zuerst einmal ein Lokal, wo Hannes seinen dringend notwendigen Frühstückskaffee trinken kann. Das nette kleine Cafe hat frische, sehr gute Mandelkipferl, unser zweites Frühstück. Bei den paar wenigen Gästen dreht sich scheinbar auch alles um Corona. Erst recht nachdem, alle im Lokal den Kellner am Klo laut husten hören.

im Cafe

Aus Casco Viejo spazieren wir weiter in die Avenida Central, einer Einkaufstraße, die ein wenig abgefuckt ist und die man ab Einbruch der Dunkelheit eher meiden sollte. Hier ist deutlich mehr los und trotz Sonntag und Corona haben fast alle Geschäfte noch geöffnet. Im Gegensatz zu Casco Viejo ist hier noch eher panamesisches Flair zu spüren.

Damit wir für den Versand des Motorrades gut gerüstet sind, leisten wir uns die erste bezahlte Motorrad-Wäsche auf der Reise. Für 5 Dollar wird unser Motorrad wieder blitzblank.

Mittlerweile machen wir uns ziemliche Sorgen, ob wir es morgen überhaupt nach Kolumbien schaffen. Praktisch im Stundenrhythmus treffen neue Nachrichten aus Südamerika ein. Und auch hier in Panama werden sukzessive die Maßnahmen verschärft. Wir hoffen aber immer noch, dass es morgen klappt und verfolgen gespannt die Meldungen aus Kolumbien, wo die Anzahl der bekannten Sars-Cov-2 infizierten Personen immer noch sehr gering ist.

16. März 2020

Heute, nach dem Wochenende hat die Bäckerei offen. Es gibt viel Auswahl an gutem Gebäck und einen Frühstückskaffee für Hannes. Andrea macht den Tee in der Mikrowelle. Mittlerweile haben wir uns vom Gastgeber eine Tasse dafür ausgeborgt.

Nach dem Frühstück macht sich Hannes auf den Weg zum Frachtflughafen um das Motorrad bei der Aircargopack abzuliefern. Nach ein paar Minuten ist er auf der Autobahn und es geht zügig aus der Stadt. Gleichzeitig mit Hannes macht sich auch eine dunkelgraue Regenwolke auf den Weg und die beiden treffen sich zweimal. Der Regen ist bei 30 Grad nicht schlimm und immer nur kurz.

von Panama City zum Cargo Terminal (und retour) – 58km

Wie in der Stadt, sind auch hier am Frachtflughafen schon überall Maßnahmen implementiert, um die Verbeitung des Virus einzudämmen. Es gibt keinen persönlich Kontakt mehr und nur mehr kurz Kontakt über ein kleines Glasfenster. Fast alle Angestellten tragen hier eine (einfache) Schutzmaske.

Hannes gibt seine Dokumente ab und unterhält sich, während er wartet, mit einem Franzosen, der in der Gegenrichtung unterwegs ist und heute Morgen aus Bogotá angekommen ist. Er wartet noch auf die Abfertigung und will es heute in einem Stück über die Grenze nach Costa Rica schaffen, wo seine Freundin auf ihn wartet. Es kursiert das Gerücht, dass Costa Rica morgen seine Grenzen dicht macht.

Mit dem Frachtbrief muss Hannes zur Aduana (Zoll). Es sind zu Fuß nur gute 10 Minuten, also bleibt das Motorrad in der Zwischenzeit hier stehen. Beim Zoll dauert es nicht lange und das Motorrad wird im Pass gelöscht und Hannes bekommt das Dokument, dass die temporäre Einfuhrbewilligung gelöscht wurde. Genau in diesem Moment schickt Andrea die Nachricht, dass Kolumbien seit heute keine Europäer mehr ins Land lässt. Zumindest nicht über den Luftweg. So eine Scheiße! Damit hat sich unser Plan, es zumindest bis Kolumbien zu schaffen, in Luft aufgelöst.

Hannes erklärt dem Zollbeamten, die neue Situation. Und bittet ihn, die Aktion rückgängig zu machen. Der meint nur lapidar, dass das nicht geht. Nach einigem Hin und Her und Rücksprache mit seinem Chef, bekommt Hannes eine hanschriftliche Notiz mit Stempel auf die Rückseite des Ausfuhrpapiers. Ab jetzt sind wir nur mehr halblegal mit dem Motorrad in Panama unterwegs.

Zurück bei der Luftfrachtlinie verabschiedet sich Hannes von der sehr freundlichen Angestellten, die volles Verständnis hat und keinerlei Gebühr für das kurzfristige Storno verlangt. Die 1100 USD für den Frachtflug hat Hannes zum Glück noch nicht bezahlt.

Beim Einkaufen im Supermarkt sind die nächsten Maßnahmen spürbar. Es dürfen nur mehr maximal 50 Personen gleichzeitig in das Geschäft. Außerdem muss sich jede und jeder beim Eingang die Hände desinfizieren. Ein Wächter kontrolliert, dass alles eingehalten wird. Auch bei den Kassen sind Abstandsmarkierungen am Boden und die Kassierer*innen nehmen das Geld oder die Karten nicht direkt, sondern über kleine Schalen entgegen. Wir sind über die Disziplin, und die rasche Umsetzung der Maßnahmen ziemlich erstaunt.

Schlange vor dem Supermarkt

Zurück im Quartier überlegen wir, wie wir mit der neuen Situation umgehen sollen. Hannes storniert auf alle Fälle den Personenflug nach Bogotá. Obwohl wir wenig Hoffnung haben, dass wir dafür Geld zurück bekommen werden.

Zwei Varianten sind für uns denkbar. Entweder wir mieten uns langfristig für zumindest ein Monat ein nettes Quartier am Strand, oder wir versuchen nach Hause zu kommen. Andrea bevorzugt eher zweiteres, während Hannes lieber hier bleiben würde. Im Prinzip geht es den ganzen Nachmittag hin und her. Wobei das Heimkommen auch nicht mehr ganz so einfach ist. Viele Fluglinien haben den Flugbetrieb nach Zentralamerika schon deutlich eingeschränkt, oder ganz gestrichen.

Außerdem müssen wir eine Lösung für das Motorrad finden. Hannes schickt also ein paar Anfragen an Frächter. Wir sind uns beide sicher, wenn wir das Motorrad nach Hause schicken, ist die Reise zu Ende. Offiziell ist das Hierlassen aber nur in einem sogenannten bonded storage möglich, quasi ein zollfreier Abstellplatz. Und das kostet um die 100 USD pro Monat.

Wir kontaktieren die österreichische Generalkonsularin (GKin) in Panama, die zur Botschaft in Kolumbien gehört, und fragen wegen Rückreise und Motorrad nach. Sie ist außerordentlich nett und sehr hilfsbereit. Sie bietet uns an, dass wir das Motorrad in ihrer Privatgarage abstellen können, wenn wir heimfliegen.

Je länger wir nachdenken und je mehr Informationen wir bekommen, desto mehr befürchten wir, dass diese Situation nicht nur ein paar Wochen dauern wird. Freies Reisen scheint zumindest für die nächsten Monate in allen Ländern unmöglich zu sein. Und die Sorgen um die Familie zu Hause wird auch immer grösser. Schweren Herzens treffen wir die Entscheidung, dass wir uns um einen Rückflug bemühen. Nur wenn es nicht klappt, werden wir uns irgendwo an den Strand zurückziehen.

Am Abend werden wir von der GKin in eine WhatsApp Gruppe der gestrandeten Osterreicher*innen aufgenommen, es sind ca. 60 Leute in der Gruppe und es herrscht Chaos. Momentan ist der Rat der Generalkonsularin, dass sich jeder selbst einen Rückflug organisieren soll. Es ist nicht garantiert, dass es eine offizielle Aktion des österreichischen Außenministeriums gibt. Trotzdem geben wir der GKin Bescheid und vereinbaren einen Termin zum Abstellen des Motorrades für Morgen. Sollten wir hierbleiben, können wir es ja jederzeit wieder abholen.

17. März 2020

Wir fahren das kurze Stück in das Wohn- und Büroviertel, das aus modernen Hochhäusern besteht. Jedes Haus hat einen Portier, und wir melden uns an. Dann können wir in die 4. Etage des Parkhauses hochfahren, wo uns die GKin erwartet. Wir unterhalten uns und besprechen nochmals die Lage. Sie steht verständlicherweiser ziemlich unter Strom, weil sie praktisch im Minutentakt von allen Gestrandeten mit neuen Informationen und Fragen bombadiert wird. Trotzdem bleibt sie cool, freundlich und hilfsbereit. Eine tolle Leistung!

Zurück im Zimmer suchen wir uns einen Rückflug. Das ist mittlerweile ziemlich schwierig, weil es schon viele Grenzschließungen gibt, und die Informationen, in welchen Ländern noch Transit möglich ist, zum Teil widersprüchlich sind. Nach einigem Suchen buchen wir einen Flug mit British Airways über Miami und London nach Wien, der am 20. März stattinden soll. Es ist aber alles unsicher und es kursieren hunderte verschiedene Gerüchte und Geschichten. Alleine das Umsteigen in Miami, soll angeblich wegen den Kontrollen und Gesundheitschecks 7-8 Stunden dauern, womit es fraglich ist ob wir den Anschlussflug überhaupt schaffen können.

Noch dazu haben wir ein wenig Sorge, dass wir bei der Einreise in die USA (es gibt keinen Transit) Schwierigkeiten haben könnten, weil wir über den Landweg nach Mexiko ausgereist sind, und damit keinen Ausreisestempel im Pass haben.

Diese Überlegungen werden schlagartig wieder hinfällig, weil wir am frühen Abend eine Mail von British Airways erhalten, dass der Anschlussflug von London nach Wien gecancelt wurde und eine Umbuchung nicht möglich ist. Wir sind also wieder zurück am Start. Zusätzlich ist ärgerlich, dass es so aussieht, als ob British Airways keine Rückerstattung des Ticketpreises anbietet, sondern nur einen Gutschein in der selben Höhe.

Das dauernde Hin und Her ist ziemlich anstrengend. Jetzt sind wir also wieder darauf angewiesen, dass es über die GKin eine Rückflugmöglichkeit gibt. Die Kommunikation in der WhatsApp Gruppe gibt einen Einblick über die verschiedensten Schicksale und auch darüber, dass manche Leute einfach besser ein paar Stunden die Klappe halten sollten.

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