18. März 2020
Schon nach wenigen Tagen haben wir in der Früh eine Routine entwickelt. Nach dem Aufstehen holt Hannes zuerst einmal frische Sachen vom Bäcker über der Straße. Für uns ist es ein echter Glücksfall, dass wir den Laden mit dem guten Gebäck direkt neben uns haben. Und frischen Kaffee zum Mitnehmen gibt es auch.

Abgesehen vom Bäcker wollen wir heute nicht mehr außer Haus gehen. Maximal noch Einkaufen zum Supermarkt am Nachmittag. Den Vormittag verbringen wir hauptsächlich damit, unsere Optionen wieder und wieder durchzuspielen. Hannes sucht parallel auch nach Wohnungen am Strand, die längerfristig zu mieten sind und schickt ein paar Anfragen los. Bei den ersten Antworten wird klar, dass die Krise mittlerweile auch bei den Vermietern angekommen ist. Alle sind bereit über größere Preisnachlässe zu verhandlen bzw. bieten sie unmittelbar an.
Am späteren Vormittag kommt endlich der Spediteur vorbei, den uns die Generalkonsularin vermittelt hat. Er hat uns schon seit zwei Tagen versprochen vorbeizukommen, aber immer wieder in letzter Minute abgesagt. Wir wollen mit ihm klären, wie wir mit der temporären Importerlaubnis umgehen sollen, für den Fall dass wir jetzt heimfliegen. Die läuft nämlich nach einem Monat ab, und dann ist unser Motorrad „illegal“ in Panama. Er bleibt ziemlich vage, aber irgendwie deutet er an, dass sich jedenfalls eine Lösung finden wird, es wird aber eine Kleinigkeit kosten.

Gegen Mittag erhalten wir plötzlich eine Nachricht der Generalkonsularin. Wir sollen uns bereithalten, es kann eventuell schnell gehen und möglicherweise sogar heute noch losgehen. Gemeinsam mit der Botschaft in Bogotá wird versucht einen Charterflug von Panamá nach Bogotá zu organisieren und mit den kolumbianischen Behörden zu vereinbaren, dass wir in Bogotá duch den Transit dürfen. Von dort gibt es spät Abends eine Linienmaschine nach München mit Avianca.
Wir sind ohnehin praktisch abreisebereit und müssen nur noch die letzten paar Sachen in den riesigen Koffer packen, den wir eigentlich nur für den Flug nach Kolumbien gekauft hatten.

Jetzt sind wir doch etwas aufgeregt. Dass unsere Reise so abrupt enden wird, damit hätten wir nie gerechnet. Und jetzt scheint es plötzlich Wirklichkeit zu werden. Die Zeit zieht sich im Zimmer während wir auf weitere Instruktionen warten. Zu tun gibt es sowieso nichts und ablenken können wir uns auch nicht mehr. Endlich bekommen wir die Info, dass wir so schnell wie möglich den Linienflug von Bogotá nach München bei Avianca buchen sollen.
Hannes sitzt sowie am Computer und beim zweiten Anlauf klappt es. Allerdings kostet der Flug pro Person um 250€ mehr, als uns von der Generalkonsularin gesagt wurde. Vorerst einmal egal, Hauptsache wir haben die Tickets. Keine 5 Minuten später trudeln schon die ersten Problemberichte im Gruppenchat der Gestrandeten ein. Außer uns haben es nur ganz wenige geschafft den Flug online zu buchen. Nach einigem Hin und Her erhalten alle die Auskunft, dass das Ticket auch direkt am Gate in Bogotá gekauft werden kann. Wie sich später herausstellt, hat es sich gerächt, dass wir so schnell erfolgreich waren. Am Gate wurden die Tickets tatsächlich zum vereinbarten, günstigeren Preis verkauft.
Wir nehmen uns um kurz nach 17 Uhr ein Uber zum Flughafen und sind natürlich deutlich zu Früh da. Wir haben alle vereinbart, dass wir uns um 18:00 mit der Generalkonsularin treffen. Alle die diesen Heimflug in Anspruch nehmen, müssen eine Verpflichtung unterschreiben, dass sie die Kosten des Charterfluges von Panama nach Bogotá übernehmen und an das österreichische Außenministerium überweisen.

Zum ersten Mal seit langem sind wir wieder mitten in einer Gruppe Einheimischer. Es fühlt sich seltsam vertraut an. Abstand halten müssen die meisten jedenfalls noch üben. Nach dem Unterschreiben verteilen sich die Leute im Flughafen und wir warten auf unseren ersten Flug seit langem. Der Flughafen ist fast ganz leer, weil nur mehr wenige Flüge durchgeführt werden. Trotzdem sind hier die Geschäfte und Lokale noch alle offen. Wir besorgen uns noch einen kleinen Snack bevor es endgültig losgeht und wir nach Bogotá starten.




In Bogotá werden wir sofort bei der Ankunft empfangen und alle müssen durch einen Temperatur Check. Erst dann werden wir in der Gruppe zum Gate des Linienfluges geführt. Die Flughafenangestellten tragen hier alle schon Schutzmasken und der Transfer ist gut organisiert. Am Gate startet dann für die meisten der improvisierte Ticketkauf, der praktisch die ganzen 2h der Wartezeit in Anspruch nimmt. Wir müssen zum Glück nicht in der Schlange stehen und versuchen zu lesen, bis wir endlich einsteigen können.
Ein Fehler ist Avianca bei der Buchungs Organisation unterlaufen. Wir hatten mit unserem Ticket auch schon online eingecheckt und Sitzplätze. Beim Einsteigen wurden uns aber – warum auch immer – neue Sitzplätze, aber nicht nebeneinander, zugewiesen. Unsere alten Plätze (eine Reihe hinter uns) sind dann im Flugzeug die einzigen leeren Plätze geblieben und haben eine kleine Sitzplatztauschorgie ausgelöst. Letzendlich konnten wir so zum Glück doch wieder nebeneinander sitzen.

Nach einem ruhigen Flug, landen wir in München. Hier gibt es weder Schutzausrüstung bei den Beamt*innen noch einen Temperaturcheck. Wir werden bei der Passkontrolle nur gefragt ob wir nach Österreich weiterreisen, sonst nichts. Wir wundern uns wie lasch es hier im Vergleich zu Mittelamerika zugeht.
Die letzte Etappe legen wir mit dem Zug zurück. Weil die internationalen Zugverbindungen zwischen Deutschland und Österreich seit heute eingestellt sind, müssen wir in Freilassing mit der S-Bahn über die Grenze nehmen. Die Züge sind fast komplett leer und es gibt im Gegensatz zu den Informationen aus den Zeitungen keinerlei Kontrollen beim Grenzübertritt.


Von Salzburg nehmen wir einen Schnellzug bis St Pölten, wo wir von unseren Kindern abgeholt werden. Kurz nach Mitternacht sind wir nach knapp 8 Monaten wieder zu Hause in Großweikersdorf.