15. Jänner 2020
Nach einem ausgiebigen Frühstück macht sich Hannes zu Fuß auf den Weg zur Werkstätte, um das Motorrad abzuholen. Wir haben gestern noch (unaufgefordert) eine WhatsApp Nachricht bekommen, dass alles fertig ist und keine Probleme gefunden wurden. Tatsächlich ist das auch so. Hannes redet noch kurz mit dem Techniker von gestern. Eine kleine unwichtige Schraube hat bei der Befestigung des Windschilds gefehlt, die haben sie ersetzt. Die Radlager wurden gecheckt, alles bestens. Ein großes Lob an die BMW Werkstatt in Guatemala Stadt, sehr professionell und sehr vertrauenswürdig.
Zum ersten mal haben wir jetzt mit dem Continental TKC70 keinen reinen Straßenreifen mehr. Ein kurzer Blick in die nahe Zukunft zeigt, dass er ab ca 90km/h ein wenigt „pfeift“ und ein wenig nervös ist der Reifen bei Längsrillen. Sonst merken wir vorerst nichts weiter.
Die Bremsbeläge werden wir entweder in Costa Rica oder Panama tauschen und dabei auf einen Eigenimport zurückgreifen, was deutlich günstiger ist, als die Beläge hier zu kaufen. Mehr zum Eigenimport verraten wir noch nicht.
Hannes holt Andrea vom Quartier ab und wir packen das Motorrad wieder abwechselnd, damit es nicht unbeaufsichtigt auf der Straße steht. Dann geht es los Richtung Süden an den Strand nach Monterrico. Ganz bis El Hawaii kommen wir nicht, aber Andrea sagt, dass das sowieso nicht als Hawaii Besuch zählen würde.
Wir müssen uns im wahrsten Sinn des Wortes wieder durch die Verkehrshölle der Stadt kämpfen. Dabei verpassen wir zweimal die Abzweigung, weil beide Navis, die Spuren falsch ansagen. Das zehrt gleich zu Beginn der Etape an den Nerven. Wenigstens ist es in der Stadt wegen der Höhe nicht heiß, so ist das ewige Stop and Go doch einigermaßen erträglich.
Ab der Stadtausfahrt geht es praktisch permanent bergab und im selben Ausmaß wie wir Höhenmeter verlieren, steigt auch die Temperatur. Vielleicht 30 bis 40km vor der Küste haben wir dann einen neuen Temperatur-Highscore auf der Reise. Das Thermometer zeigt 39 Grad. Zum Glück ist hier nicht viel Verkehr und wir können gleichmäßig dahingleiten. Alle Lüftungsschlitze in den Jacken und Hosen sind offen und mit dem Fahrtwind ist es auszuhalten. Wir machen einmal eine kurze Trinkpause und sofort rinnt der Schweiß, also schnell weiter.
Zum Glück ist es direkt am Meer ein paar Grad kühler, aber mit 34 Grad immer noch warm genug für einen Strandaufenthalt. Wir machen uns schon ein wenig Sorgen, wie wir die Nächte überstehen sollen, weil wir ein einfaches Hotel ohne Klimaanlage gebucht haben.
Auf einer kleinen Straße fahren wir am Meer entlang und kommen wieder durch viele kleine Siedliungen. Natürlich sind alle mit Tumulos ausgestattet, damit niemand schnell durchbrettert. Wir finden auf Anhieb zu unserem Hotel, das einen sehr netten Eindruck macht. Es gibt nur 8 einfache Zimmer, die rund um einen kleinen Pool angeordnet sind.
Nach dem Auspacken, müssen wir die Motorradabstellfrage klären. Wir dürfen das Bike unter Dach neben die Waschmaschine und die Wäscheleinen stellen. Jetzt müssen wir nur mehr über die schmalen Wege hinnavigieren.
Natürlich wollen wir uns gleich den Strand ansehen. Und wir sind sofort sehr beeindruckt. Es ist einfach extrem schön hier. Ein praktisch menschenleerer, ziemlich breiter Strand mit schwarzem Vulkansand liegt vor uns. Dahinter Palmen. Unglaublich.
Wir machen einen kleinen Spaziergang am Strand Richtung Ort und essen in einem Strandlokal. Die Küche in unserem Hotel ist nur tagsüber offen, nur am Wochenende auch Abends. Weil wir uns noch was zum Trinken aus einem kleinen Geschäft organisieren, verpassen wir heute den Sonnenuntergang am Meer. Das ist aber nicht weiter tragisch, weil wir ganze 4 Tage hier sind.
16. Jänner 2020
Unglaublich aber wahr, wir haben eine super Nacht hinter uns und gut geschlafen. Unser Zimmer ist ein kleines Häuschen, das mit Palmen gedeckt sind. Das Dach sitzt aber nicht direkt auf den Wänden, so dass der Raum oben offen ist. Das genügt, damit es gut durchzieht und in der Nacht ein wenig abkühlt. Zusätzliche Kühlung bringt der Ventilator, den wir genau aufs Bett gerichtet haben.
Außer uns ist nur ein deutsches Paar im Hotel, sonst ist es leer und still. Wir reden mit den beiden kein Wort außer „guten Morgen“. Speziell Er wirkt auf uns ziemlich unsympatisch. Wir haben gestern Abend schon gesehen, dass beide Kettenraucher sind und ordentlich saufen. Ohne Rücksicht wird gleich neben uns beim Frühstückstisch eine Zigarre angezündet. Hannes hat sich aber fest im Griff und sagt des Friedens Willen nichts. Wir blenden die beiden einfach aus.
Wir können uns kaum eine schönere Frühstücksterrase vorstellen. Wir sitzen direkt am Strand im Schatten von ein paar Palmen. Vor uns die starke Brandung und ein paar Pelikane gleiten elegant und ganz knapp übers Wasser. Wir können es immer noch nicht glauben dass hier nicht mehr los ist.
Nach dem Frühstück machen wir uns auf zu einem langen Spaziergang am Strand, Richtung El Hawaii. Wir begegnen in den dreieinhalb Stunden sicher nicht mehr als 10 Menschen. Dafür ziehen immer wieder Pelikan-Formationen über uns hinweg. Besonders elegant finden wir es, wenn sie ganz knapp über dem Wasser entlang der Wellen dahingleiten.
Der schöne Strand nimmt kein Ende. Wir sehen nur ein paar kleinere Hotels oder Unterkünfte, aber alles wirkt irgendwie verlassen oder leer. Wir haben uns leider nicht ordentlich eingecremt und trotz T-Shirt bzw. Tuch einen mittleren Sonnebrand eingefangen. Daran haben wir gar nicht gedacht.
Den restlichen Nachmittag wird gefaulenzt. Am Abend gehen wir ins Nachbarhotel zum Essen und verbringen dann den Abend in der Hängematte bzw am Sessel vor unserem Zimmer. Und wieder nerven die beiden Deutschen. Sie hören neben dem Trinken Musik, die eigentlich ok wäre, wenn er nicht besoffen mitsingen würde. Das geht tatsächlich über zwei Stunden so. Hannes hat sich immer noch fest im Griff.
17. Jänner 2020
Haben wir schon unsere Frühstücksterrasse lobend erwähnt? Wir kommen einfach immer wieder ins schwärmen, kaum dass wir da sind. Wieder sitzen wir mit Blick auf die Brandung beim Frühstück und lassen uns Zeit. Das Programm für Heute: faulenzen. Wir haben es dann sogar geschafft einmal im Pool ein wenig zu schwimmen.
Am späteren Nachmittag machen wir uns auf den Weg zur Schildkrötenstation die im Ort Monterrico am Strand liegt. Jeden Tag um halb sechs werden die frisch geschlüpften Schildkröten in die Freiheit, also ins Meer entlassen. Von Sommer bis Herbst legen die Schildkröten ihre Eier am Strand ab, die eingesammelt und in einem geschützten Bereich ausgebrütet werden. Im Winter bis bis in den Februar hinein schlüpfen dann jeden Tag Schildkröten. Für 10 Quetzales pro Schildkröte können wir die Freilassung am Strand übernehmen. Wir „kaufen“ fünf kleine Schildkröten und warten beim Meer bis das Spektakel beginnt.
Zuerst wird ein kleiner Bereich am Strand abgesteckt, der nicht betreten werden darf. Dann werden die Schildkröten in kleine Schalen ausgeteilt. Heute sind ungefähr 15 Leute hier und es ist recht überschaubar. Auf Kommando lassen alle die kleinen Tiere im Sand frei und wir können zusehen, wie sie sich ihren Weg zum Meer suchen. Ein paar sind sehr zielstrebig und haxeln schnell nach vor, ein paar andere schauen einfach der Sonne beim Untergehen zu und haben scheinbar keine Lust aufs Wasser.
Nach einer Weile werden auch die restlichen, nicht „gekauften“ Schildkröten freigelassen. Das sind nocheinmal locker 50 Stück, die ins Meer wollen. Bei diesem Projekt ist zumindest garantiert, dass alle geschlüpften Schildkröten lebend das Meer erreichen. In freier Wildbahn schafft es angeblich nur jede tausendste bis zum Erwachsen werden. Das Geschlecht wird übrigens nur durch die Temperatur des Sandes beim Ausbrüten bestimmt. Bis 29,9 Grad Celsius schlüpfen Männchen, ist es heißer, schlüpfen Weibchen. Wissenschaftler*innen befürchten, dass es durch den Klimawandel auf Dauer zu wenig Männchen geben wird.
Heute gibt es wieder einen perfekten Sonnenuntergang über dem Meer.
18. Jänner 2020
Heute ist schon wieder der letzte Tag am Strand. Die Zeit vergeht einfach viel zu schnell, obwohl wir hier nur faul herumliegen. Aber das gehört auch dazu. Wir fragen uns immer noch, warum dieser Traumstrand noch nicht mehr erschlossen ist. Im Gegenteil, ein paar Hotels und Unterkünfte schauen eher heruntergekommen und verlassen aus. Aber es ist auch gut, dass es noch Traumstrände gibt, auf denen es ruhig ist.
Das Deutsche Paar reist heute zum Glück ab. Dafür füllt sich heute am Samstag das Hotel mit neuen Gästen. Alle Zimmer werden im Lauf des Tages belegt. Es sieht so aus, als ob der Strand ein Ausflugsziel für das Wochenende ist.
Am Vormittag unternehmen wir einen Strandspaziergang und sonst ist wieder Nichtstun bzw. Lesen angesagt. Am Nachmittag spazieren wir am Strand in den Ort und holen uns ein letztes Mal Bargeld vom Automaten in Guatemala. Am Rückweg wollen wir noch schnell etwas Essen bevor wir uns nocheinmal das Schildkrötenspektakel geben.
Hannes möchte vor der Schildkröten-Freilassung noch essen. Er meint um 16:45, dass wir genug Zeit haben, und locker um halb sechs bei den Schildkröten sein können. Andrea ist skeptisch. Wir gehen in ein kleines günstiges Lokal und bestellen. Es wird aber schnell klar, dass es mehr als knapp wird, obwohl wir die einzigen Gäste sind. Aber das Essen wird frisch zubereitet. Andrea isst schnell einen Teil ihrer Suppe und bricht um 5:20 alleine auf. Hannes braucht ein wenig länger und übernimmt auch das Zahlen.
Letztlich sind wir aber beide gerade noch rechtzeitig da, bevor es losgeht. Zum Unterschied von gestern, ist es heute eine Massenveranstaltung. Es sind sicher mehr als 100 Leute versammelt und das ganze intime Flair von gestern ist mit einem Schlag weg. Wir bleiben trotzdem und schauen den vielen kleinen Schildkrötenbabys beim Wettlaufen Richtung Brandung zu.
Den letzten Abend verbringen wir auf der Terrasse bei einem Bier. Es gibt einen wunderschönen Sternenhimmel über dem Meer. Dort stört keine einzige Lichtquelle, also sind viel mehr Sterne zu sehen, als bei uns zu Hause.
19. Jänner 2020
Heute heißt es Abschied nehmen. Zuerst einmal von unserem Traumstrand und unserem Hotel. Wir lassen es uns nocheinmal auf der Terrasse gutgehen. Dann müssen wir zuerst einmal das Motorrad „ausparken“ bevor wir unser ganzes Zeug packen. Weil wir keinen Lärm machen wollen, schieben wir das Motorrad bis zum Tor. Das bringt uns bei 30 Grad schon vor der Abfahrt gehörig ins Schwitzen.
Heute ist der letzte ganze Tag in Guatemala. Wir haben uns ein Hotel in El Rancho genommen, das ungefähr auf zwei Drittel des Weges zur honduranischen Grenze liegt. Dort wo es bei der Herfahrt 39 Grad hatte, sind es heute nur 35. Die 4 Grad Unterschied merken wir aber deutlich.
Trotzdem wird uns gut warm und wir sind froh, als es endlich bergwärts nach Guatemala Stadt geht. Unsere beiden Navis spielen uns wieder einmal einen kleinen Streich und wir kommen von der geplanten Strecke ab und landen mitten in der Stadt in der Zona 1, dort wo wir bei unserem Spaziergang zu Fuß unterwegs waren. Sehr lästig. Vor allem weil wir auf keinen Fall durch Bezirke fahren wollen, die vielleicht besonders gefährlich sind. Wir bleiben stehen und sehen uns die Route an. Wir müssen uns ein wenig durch das Zentrum kämpfen, kommen dann aber zum Glück bald wieder auf den Highway CA-9. Wobei sich der von den anderen Straßen in der Stadt überhaupt nicht unterscheidet.
Wir bleiben wieder im Restaurant, das wir schon von der Fahrt nach Antigua kennen, stehen und nehmen ein spätes Mittagessen.
Unser Hotel liegt am Rand des Ortes etwas abgelegen. Wir sind wieder einmal die einzigen Gäste und wir wundern uns, wie man hier mit einem Hotel überleben kann. Dabei sind die Zimmer sehr nett hergerichtet und blitzsauber. Es gibt einen Innenhof und einen schönen Platz zum Sitzen. Vom Patron erfahren wir, dass das Hotel auch ein Sozialprojekt zur Ernährung von Kindern ist. Was das ganz genau bedeutet verstehen wir nicht ganz. Auf alle Fälle gehört es zu einer katholischen Organisation.
Wir sitzen gemütlich auf der Veranda, essen am Abend einen Salat und arbeiten ein wenig am Blog. Wir sind jetzt doch auch ein wenig aufgeregt, weil es Morgen nach Honduras geht und wir so viel über die Gefährlichkeit des Landes gelesen haben. Morgen werden wir ein wenig mehr wissen.